Zölibat noch sinnvoll?

1) Wenn man heutzutage irgendwo als katholischer Priester unterwegs ist und Menschen begegnet, die nicht unbedingt dem Katholizismus nahe stehen, kommt es immer wieder doch auch zu Gesprächen über religiöse Themen. Dabei wird fast schon mit regelmäßiger Häufigkeit auch die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung der Zölibatsverpflichtung römisch-katholischer Priester gestellt. Oft wissen die Leute infolge der tragischen Abnahme des allgemeinen Wissens über Religion auch nicht, was sie sonst mit dem Wesen des katholischen Priestertums in Verbindung bringen sollen.
Diese Häufigkeit hat sicherlich auch damit zu tun, dass diese ganze Frage nach dem Zölibat ja auch immer wieder in unseren Massenmedien thematisiert wird, und zwar in der Regel in der Weise, dass an dieser Zölibatsverpflichtung einseitig und massiv Kritik geübt und eben möglichst ihre sofortige Aufhebung gefordert wird. Schon irgendwie auch seltsamer, dass dann auch kirchenferne Kreise plötzlich Interesse am Katholizismus zeigen und sich fast schon zu Experten in religiösen Fragen aufspielen.
Leider hat heute auch bei nominellen Katholiken die Akzeptanz der Ehelosigkeit und Wertschätzung der sexuellen Enthaltsamkeit des katholischen Priesters abgenommen. Oft tritt auch da massive Unwissenheit bezüglich der Gründe, die für die Aufrechterhaltung des Zölibats sprechen, zu Tage. Dies hat dann offensichtlich sowohl damit zu tun, dass man seine “Bildung” überwiegend und zu leichtfertig dem Fernsehen und anderen Massenmedien “verdankt”, als auch, dass man in der “Konzilskirche” nicht viel zur Verteidigung des Zölibats zu hören bekommt.
Und dieser letzte Punkt hängt seinerseits wesentlich damit zusammen, dass gar nicht so wenige “Priester” der “Konzilskirche” sich auch nicht in ihrer eigenen Praxis um ihre Zölibatverpflichtung kümmern. Oft genug leben sie mit ihren Konkubinen sogar mit Wissen ihrer “Bischöfe” in den Pfarrhäusern zusammen und erhalten in jedem Fall von den deutschen Diözesen Alimente für die aus diesen sündhaften (weil unehelichen) Beziehungen hervorgegangenen Kinder (wobei diese Kinder da natürlich nicht im Geringsten irgendeine Schuld oder Verantwortung trifft). Wenn man da die entsprechenden Zahlen bekannt geben würde...
Dabei kommt bei diesen Pfarrern zum Nichteinhalten des Zölibats eine fast noch größere Sünde hinzu - die Entheiligung der Ehe! Wie soll denn bitte ein solcher Mann glaubwürdig von der Heiligkeit und Erhabenheit der Ehe sprechen und predigen können, wenn er selbst in einem eheähnlichen Verhältnis lebt und durch dieses Konkubinat somit die Ehe als solche nicht unbeträchtlich entheiligt?
Der traurige Kreis schließt sich dann auf die Weise, dass viele ihrer eigenen Pfarrangehörigen nicht nur keinen Anstoß am betreffenden moralischen Misstand nehmen, sondern diesen sogar ausdrücklich begrüßen. Man sagt, sie seien ja auch nur Männer ...und offenbart damit auch einen Mangel an gesundem katholischen Empfinden für höhere Dinge. So zieht ein Bruch mit der überlieferten Moral und Glaubensordnung tragischerweise so manches andere Übel nach sich.
2) Was sind aber die Gründe, die für die Aufrechterhaltung der Zölibatsverpflichtung römisch-katholischer Priester sprechen? Nun, erstens das eigene Lebensbeispiel Jesu Christi! Jesus selbst war nie verheiratet und hatte auch keine sexuellen Beziehungen mit irgend jemand! Gelegentlich anzutreffende gegenteilige Behauptungen mancher Leute sind schlicht und ergreifend absurd und lassen sich auch mit Hinweisen aus den Evangelien widerlegen!
Als Jesus am Kreuz hing und kurz davor war, für unsere Sünden zu sterben, empfahl er Seine Mutter Maria dem Schutz und der Obhut des Apostels Johannes (vgl. Joh 19,26f). Dieser Umstand sagt zunächst aus, dass Seine Mutter außer Ihm keine anderen Kinder hatte. Denn sonst hätte ja für Jesus als dem Sohn Seiner Mutter absolut keine Notwendigkeit bestanden, diese der Obhut des Johannes anzuvertrauen, also eines Menschen, der außerhalb der eigenen Familie stand. Hätte Jesus Geschwister gehabt, hätten diese wie für jeden Israeliten selbstverständlich die Sorge für ihre Mutter übertragen bekommen, und zwar automatisch! Denn irgendeine andere Lösung wäre da überhaupt nicht in Frage gekommen.
Die Tatsache aber, dass Jesus sich da nur Gedanken um Seine Mutter machte und eben nicht um eine eventuelle Frau oder Kinder, ist der deutlichste Beweis dafür, dass Er weder eine Frau noch Kinder hatte! Der eventuelle Einwand, Jesus sei vielleicht doch verheiratet gewesen, seine Frau sei aber vor dem Zeitpunkt Seines öffentlichen Auftretens gestorben, wäre so künstlich konstruiert und somit abwegig, dass er keiner weiteren Erörterung bedarf. Was für ein Rabenvater wäre Er denn außerdem gewesen, wenn Er sich dann zwar um alle anderen Menschen, nicht aber um dann sehr wahrscheinliche eigene Kinder, also um das eigene Fleisch und Blut, gekümmert hätte!?! Einfach absurd.
Nein, Jesus war voll und ganz für die Menschen da und konnte somit ungehindert durch irgendwelche familiären Bindungen und Verpflichtungen Seinem Erlöserberuf nachgehen! Der geweihte Priester ist wegen seiner speziellen Befähigung zur sakralen Tätigkeit der Vermittlung der Erlösungsgnaden Jesu Christi mittels der Feier des hl. Messopfers und der Verwaltung der hl. Sakramente nach dem Verständnis und der Lehre der katholischen Kirche ein Alter Christus (lat. - ein anderer/zweiter Christus). Und weil der Priester bei diesem heiligen Dienst ja ausdrücklich in persona Christi (lat. - in der Person Christi) handelt, ist es nur naheliegend, dass auch er dem Lebensbeispiel Jesu Christi, des göttlichen Hohenpriesters, nacheifert und sein Leben ganz seinem geheiligten priesterlichen Dienst weiht - also ebenfalls frei von familiären Bindungen an Frau und Kinder!
Hier sieht man, dass Menschen, die nicht dasselbe Verständnis bzw. nicht denselben Begriff vom christlich-katholischen Priestertum haben, auch nicht entsprechend die tiefe Bedeutung der von Jesus vorgelebten Ideale der Ehelosigkeit und Jungfräulichkeit für das Leben und Wirken eines Priesters als eines durch die Priesterweihe besonderen Jüngers Jesu erkennen können! Nimmt man einen wichtigen Stein oder tragenden Pfeiler aus einer Gebäudekonstruktion heraus, fällt in der Folge auch vieles andere in sich zusammen...
3) Zweitens ist festzustellen, dass Jesus die Lebensweise der Jungfräulichkeit auch verbal wärmstens empfahl! Im 19. Kapitel des Matthäusevangeliums wird berichtet, wie sich Jesus unter ausdrücklichem Verweis auf die Schöpfungsordnung gegen die damals bei den Juden offensichtlich anzutreffende Unsitte aussprach, dass ein Mann nämlich seine Frau entlassen, sprich sich von ihr scheiden lassen konnte. “Da sagten die Jünger zu Ihm: ‘Wenn es zwischen Mann und Frau so steht, dann ist es nicht ratsam zu heiraten.’ Er sagte ihnen: ‘Nicht alle fassen dies, sondern nur, denen es gegeben ist. Es gibt Eheunfähige, die vom Mutterschoß so geboren sind; es gibt Eheunfähige, die von Menschen unfähig gemacht sind; und es gibt Ehelose, die um des Himmelreiches willen der Ehe entsagen. Wer es fassen kann, der fasse es.’” (Mt 19,10-12)
Daraus wird erstens ersichtlich, dass die zölibatäre Lebensweise sehr wohl eine besondere Berufung Gottes ist, die man sehr wertschätzen sollte, sollte sie an einen ergangen sein. Also sei da jeder, der auf diese Weise vom Herrgott gerufen worden ist bzw. werden sollte, zutiefst dankbar dafür, dass er oder sie “um des Himmelreiches willen der Ehe entsagen” dürfe und könne - ohne den Gnadenbeistand Gottes wäre dies zweifelsohne nicht möglich! Und vielleicht nur wegen dieser Dankbarkeit und Wertschätzung wird der liebe Gott einem die Gnade gewähren, dass man auch in der Zukunft dieser Berufung treu bleibe.
Also gibt es da für keinen Priester, Mönch und auch für keine Ordensfrau irgendeinen Grund, sich als solche, das heißt schon allein dadurch, dass man auf die Ehe verzichtet, für etwas Besseres als alle anderen, nicht zölibatär lebenden Menschen zu halten. Zwar ist es sehr wohl richtig und notwendig festzustellen, dass die Berufung zur Jungfräulichkeit an sich höher ist als die Berufung zum Ehestand, die den betreffenden Menschen übrigens auch von Gott gegeben wird. Dennoch bedeutet jede Berufung, auch und vor allem die zur Jungfräulichkeit, grundsätzlich eine frei ausgeteilte Gnade, die von Gott kommt und den Menschen auf eine bestimmte Weise zu Ihm ruft! Also sollte sich da jeder, der sich in den geistlichen Stand berufen fühlt, in allerersten Linie der Verantwortung bewusst werden, die für einen durch die Mitteilung dieser selbstverständlich besonderen Gnade entsteht - wem mehr gegeben worden ist, von dem wird von Gott und der Kirche auch entsprechend mehr Rechenschaft verlangt werden!
Und zweitens sollte sich vielleicht auch manch ein junger Mensch die Frage stellen, ob denn der Ruf Gottes zum jungfräulichen Lebensstil eventuell nicht auch an ihn ergehe. Denn wenn man auf etwas Wichtiges nicht hinreichend achtet, merkt man vielleicht auch nicht, dass es einem angeboten wird. Es wäre ja in mancherlei Hinsicht sehr schade, wenn jemand etwas Erhabenes übersehen sollte, das für ihn neben vielen sonstigen damit verbundenen Gnaden auch das Glück bedeuten würde, seinen eigentlichen ihm von Gott zugewiesenen Platz im Leben einzunehmen und so seine wahre Bestimmung zu finden!
(Analogerweise hat natürlich auch niemand irgend etwas im katholischen Priestertum zu suchen, der dieses nicht einmal in Entsprechung zu elementaren kanonischen Normen erlangen will, die aufgrund der zweitausendjahrealten entsprechenden Erfahrung der Kirche entstanden und gereift sind. Denn die mutwillige und leichtfertige Verletzung solcher zentraler katholischer Gesetze entkräftet gewissermaßen jeden Verweis auf eine vermeintliche Berufung zum Priestertum.)
4) Als Jesus die Apostel in Seine ganz spezielle Nachfolge berief, verlangte Er von ihnen, Seinetwegen auch ihre Familien zu verlassen. So sagte er z.B. zu Petrus und Andreas, als sie als Fischer gerade ihre Netze in die See warfen: “‘Folget mir! Denn Ich will euch zu Menschenfischern machen.’ Auf der Stelle verließen sie ihre Netze und folgten Ihm.” (Mt 4,19)
“Wer Vater und Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht wert. Und wer Sohn und Tochter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht wert. Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und Mir nicht nachfolgt, ist Meiner nicht wert. Wer sein Leben gewinnt, wird es verlieren; und wer sein Leben um Meinetwillen verliert, wird es gewinnen.” (Mt 10,37-39) Zwar richten sich diese Worte grundsätzlich an alle Christgläubigen (ob verheiratet oder nicht), in Konfliktsituationen richtige Prioritäten zu setzen. Dennoch ist es interessant festzustellen, dass diese Ausführungen Jesu von den Aposteln so verstanden worden sind, dass sie, sofern verheiratet, um Jesu willen wohl auch ihre Frauen und Kinder verlassen haben, als sie nämlich der Berufung Jesu ins Apostelamt Folge leisteten (denn sonst hätten sie nicht Jesus während der drei Jahre Seines öffentlichen Wirkens begleiten können)! Und dies spricht dafür, dass Jesus bereits an dieser Stelle (wie dann auch in Mt 19,10-12 - siehe oben) für sie das Ideal der Ehelosigkeit gepredigt hatte.
Als Jesus den Aposteln im Abendmahlssaal ankündigte, dass einer von ihnen Ihn verraten würde, findet auch die Erwähnung eines ganz speziellen Jüngers statt: “Einer von Seinen Jüngern, der, den Jesus liebte, lag bei Tisch an der Brust Jesu. Diesem winkte Simon Petrus zu und sagte ihm: ‘Frage, wen Er damit meint.” (Joh 13,23) Selbstverständlich hatte sich die Liebe Jesu nicht nur auf diesen einen “Jünger” erstreckt bzw. begrenzt, unter dem hier nur der Apostel Johannes erkannt werden kann. Aber dennoch nahm dieser einen ganz speziellen Platz bei Jesus ein - offensichtlich haben auch die anderen Apostel dies sowohl neidlos als auch wie selbstverständlich anerkannt. Denn sonst hätte sich Simon Petrus auch wohl kaum an diesen gewandt nach dem Motto: dir wird Er in jedem Fall sagen, an wen Er halt als Seinen Verräter denkt! Und Johannes war weder verheiratet noch hat er jemals geheiratet. Ist es wirklich nur ein Zufall, dass Jesus ihn besonders “liebte”?
Noch einmal findet Johannes in diesem Zusammenhang bei der Erscheinung Jesu auf dem See Tiberias Erwähnung. Als die Apostel auf Geheiß Jesu, den sie zuerst noch nicht erkannt hatten, eine Menge Fische gefangen hatten, “da sagte jener Jünger, den Jesus liebhatte, zu Petrus: ‘Es ist der Herr’” (Joh 21,7). Absolut nichts gegen alle anderen Menschen - die Erlöserliebe Jesu erstreckt sich auf jeden und alle! -, aber dennoch müssen wir objektiverweise anerkennen, dass jene Menschen, die “um des Himmelreiches willen der Ehe entsagen” bzw. um Jesu willen die Jungfräulichkeit praktizieren, einen ganz besonderen Platz bei Jesus einnahmen und einnehmen!
5) Daher ist es auch naheliegend, ja sogar ganz logisch, dass die Römische Kirche für ihren Höheren Klerus (ab der Subdiakonatsweihe) mit der Zeit den Zölibat als verpflichtende Lebensform durchgesetzt hat. Von Anfang der Kirchengeschichte an wurde jenen, die Gott am Altar dienen, die jungfräuliche Lebensform wärmstens empfohlen. So gibt der hl. Apostel Paulus ausdrücklich “einen Rat als einer, der vom Herrn begnadet ist und darum Vertrauen verdient”: “Der Unverheiratete ist um die Sache des Herrn besorgt, wie er dem Herrn gefalle. Der Verheiratete aber ist um weltliche Dinge besorgt, wie er der Frau gefalle. So ist er geteilt. ... Das sage ich..., weil ich bedacht bin auf untadeliges Verhalten und ungestörte Hingabe an den Herrn.” (Vgl. 1 Kor 7,25-35)
Es ist doch klar, dass verheiratete Christen ebenfalls zur Heiligkeit berufen sind und ein echtes Vorbild an Glaube, Hoffnung und Liebe sein können. (Ohne gute Eltern und Familien gäbe es ja auch keine große Hoffnung für die Zukunft der Kirche und des Katholizismus!) Zur gleichen Zeit können natürlich auch Unverheiratete und Priester extrem schlecht auffallen und großes Ärgernis geben. Dennoch erkennen wir, dass Paulus zutreffenderweise von einer gewissen Tendenz spricht, die sowohl verstandes- als auch erfahrungsmäßig leicht festgestellt werden kann - der unverheiratete Priester ist weniger “geteilt” bzw. kann sowohl zeit- als auch kräftemäßig mehr “um die Sache des Herrn besorgt” sein. Blind, wer das nicht sehen wollte.
“Verheiratete Diakone, Presbyter und Bischöfe mussten nach dem Kanon 33 von Elvira (306 - Anm. der Redaktion) sexuell enthaltsam leben (abstinere se a coniugibus suis et non generare filios). Diese Bestimmung wurde auch vom Konzil von Nicäa (für die abendländische Kirche indirekt - Anm.) übernommen” (de.wikipedia.org/wiki/Zölibat). Auf zahlreichen anderen Bischofssynoden hat man sich seit dem christlichen Altertum ebenfalls bemüht, den Zölibat als die Lebensform des Höheren Klerus durchzusetzen.
Priester, die nicht verheiratet waren und zölibatär gelebt haben, genossen im ersten christlichen Jahrtausend auch beim Volk besonderes Ansehen. Sowohl wegen des oben beschriebenen Ideals der Jungfräulichkeit als auch wegen des Prinzips der kultischen Reinheit als auch wegen vieler negativer Erfahrungen mit dem verheirateten bzw. im Konkubinat lebenden Höheren Klerus sah man sich immer mehr dazu veranlasst, Priester auf den Zölibat zu verpflichten. (Bischöfe mussten ja schon viel länger unbedingt zölibatär leben.) So kam es auf dem Zweiten Laterankonzil (1139) zu dem entsprechenden allgemein verpflichtenden Beschluss, dass die Kandidaten für die Priesterweihe (des Römischen Ritus) unbedingt ehelos sein und dann auch für das ganze Leben entsprechend zölibatär (sexuell enthaltsam) leben müssen!
6) Gern wird gegen den Zölibat seitens seiner Gegner eingewandt, die orthodoxen Priester dürften ja heiraten. Ja, auch bei den unierten Priestern der verschiedenen Östlichen Riten ist die Priesterehe laut Ostkirchenrecht statthaft. Genauer gesagt dürfen da Männer, die bereits verheiratet sind, zu Priestern geweiht werden. Wenn aber ein nicht verheirateter Mann die Priesterweihe erhält, darf er als Priester nicht mehr heiraten. (Tut er das aber dennoch, verliert er nach der Meinung der Orthodoxen sogar seine Priesterwürde.) Gleichermaßen gilt das auch für verwitwete Priester - diese müssen ab dem Tod ihrer Ehefrau ebenfalls zölibatär leben. Bischöfe dürfen in der Ostkirche generell nicht verheiratet sein.
Warum dürfen dann nach einer ähnlichen Regelung nicht auch im römisch-katholischen Bereich verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden? Nun, zunächst haben sowohl das oben genannte Lebensbeispiel Jesu als auch das von Ihm Seinen Jüngern gepredigte Ideal der Jungfräulichkeit dazu geführt, dass ein Priester des Römischen Ritus auf die zölibatäre Lebensführung verpflichtet wurde. Man ist auch aufgrund der entsprechenden Erfahrungen aus der Kirchengeschichte zu dieser Schlussfolgerung gelangt. Jeder potentielle Kandidat weiß das und kann sich eben prüfen, ob er dieser sicherlich hohen Anforderung voraussichtlich entsprechen kann oder nicht.
Hier setzt die Kirche auch auf das Prinzip: Was nichts kostet, ist nichts wert - je mehr man nämlich bereit ist, für eine gute Sache in Kauf zu nehmen und zu opfern, desto bewusster und hingebungsvoller ist dann wohl auch die entsprechende Entscheidung! Die Kirche ist aufgrund reicher Erfahrung in erster Linie nicht daran interessiert, möglichst viele Priester zu haben, sondern primär daran interessiert, möglichst gute und opferbereite Priester zu den eigenen zu zählen! Man setzt bewusst mehr auf die Qualität als auf die Quantität.
Ja, die Ostkirche als solche ist da einen etwas anderen Weg gegangen und gestattet die Priesterweihe eines verheirateten Mannes. Allerdings gibt es einen wichtigen, ja zentralen Punkt im liturgischen Leben eines verheirateten Priesters der Ostkirche, der sich praktisch als eine Bestätigung der Zölibatsverpflichtung innerhalb der römisch-katholischen Kirche erweist. Auch wenn dies den meisten im Westen nicht bekannt sein dürfte, ist jeder verheiratete Priester der Östlichen Riten verpflichtet, sich mindestens eine Nacht vor und eine Nacht nach der eigenen Zelebration der hl. Messe sexuell enthaltsam zu verhalten! Aus einem konkreten Fall ist mir bekannt, dass der betreffende orthodoxe Priester in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag absichtlich in einem anderen Zimmer übernachtet als seine Ehefrau, um halt einen jeglichen “Unfall” (etwa auch im Halbschlaf) zu verhindern. In manchen der Nationalkirchen des Ostens beträgt diese Frist sogar je drei Tage oder sogar noch länger.
Also betrachtet man es da doch auch irgendwie als unvereinbar, das Göttliche Opfer darzubringen und seine Ehe zu praktizieren. Also kennt und praktiziert man in einer bestimmten Weise auch im Osten das altkirchliche Prinzip von der kultischen Reinheit der Altardiener (Bischöfe, Priester und Diakone)! Wer sich nicht daran hält, darf am betreffenden Tag nicht zelebrieren.
Man berücksichtige, dass die orthodoxen Priester gewöhnlich nur an Sonntagen und hohen Festtagen die hl. Messe feiern. Somit können sie an sich auch ihren ehelichen Pflichten der eigenen Ehefrau gegenüber nachkommen. Der Römische Priester zelebriert dagegen nach einer uralten Tradition jeden Tag - wenn er auch “nur” an einem Werktag die Messzelebration ohne einen triftigen Grund auslässt, entsteht allgemein ein bestimmter negativer Verdacht. Wenn man also im gesunden Eifer um das Reich Gottes nicht massiv nachlassen und mit der altbewährten Praxis der täglichen Darbringung des Heiligen Messopfers nicht brechen will, braucht man in Entsprechung zur beschriebenen Praxis der orthodoxen Priester auch gar keine Ehefrau - man dürfte mit ihr überhaupt nicht der einen speziellen ehelichen Pflicht nachkommen!
Dieses Bewusstsein von der priesterlichen kultischen Reinheit besaßen übrigens auch schon die Heiden in Rom, da ja ihre so genannten Vestalinnen, Priesterinnen der Göttin Vesta, während ihrer mindestens dreißigjährigen Dienstzeit zur Keuschheit verpflichtet waren. Der Verlust der Jungfräulichkeit einer Vestalin galt bei den heidnischen Römern als unheilverkündendes Vorzeichen für das römische Gemeinwesen. Eine unkeusche Vestalin wurde aus der Priesterschaft entfernt und konnte unter Umständen sogar lebendig begraben werden. Natürlich richten wir, die Christen, uns nicht nach den Ansichten und Bräuchen der Heiden. Dennoch ist es interessant, diese ebenfalls zu kennen.
7) Wenn wir einen Blick auf unsere heutige Gesellschaft und die Medienlandschaft werfen, sehen wir, wie sehr alles sexuell aufgeladen, ja richtig übersättigt ist. Fast in jedem auch scheinbar seriösen Film kommt eine Nacktszene vor; bei ihren Live-Auftritten und in ihren Videoclips scheinen zahlreiche der modernen Musiker mehr mit Striptease Eindruck vermitteln zu wollen als mit ihrer oft nur vermeintlichen “Kunst”; die Werbebranche wirbt ja auch hauptsächlich mit viel nackter Haut, vorzüglich mit der des weiblichen Geschlechts. Und die Schulen sehen es als ihren so genannten Erziehungsauftrag an, Kinder bereits im zarten Alter entsprechend “aufzuklären”, was oft einer aktiven Anleitung zu sexuellen Praktiken gleichkommt (weil von damit zusammenhängenden moralischen Fragen abgekoppelt).
Angesichts dieser traurigen Situation ist es dann umso wichtiger, dass der wahre Katholizismus diesem doch starken Druck der Sexualisierung des gesamten Lebens insofern nicht nachgibt, dass er sowohl die überlieferte katholische Ehe- und Sexualmoral aufrechterhält als auch von seinen geweihten Altardienern einen solchen Lebenswandel verlangt, der ganz klar und unmissverständlich der allgemeinen höchst traurigen Tendenz widersteht.
Erst kürzlich erzählte mir ein Mann, wie sehr sich Frauen in seiner Umgebung gelegentlich fast schon persönlich gekränkt fühlten, weil er auf ihre Andeutungen, mit ihm intim zu werden, nicht einging und als Begründung für sein Verhalten auf die genuin katholische Sexualmoral verwies. Wie gut ist es für den betreffenden Personenkreis, auch einmal mit einer zutiefst christlich-katholischen Einstellung konfrontiert worden zu sein, was sie hoffentlich auch etwas zum Nachdenken über ihre eigene eigentlich auch ihre eigene Person entwürdigende Einstellung bewegt.
So ist es auch gut und heute sogar umso wichtiger, dass es in der katholischen Kirche einen Priesterstand gibt, der sich allein schon durch sein Festhalten an der eigenen bewusst eingegangenen Zölibatsverpflichtung gegen die allgemeine Tendenz stellt und somit allein schon durch seine Existenz jedermann signalisiert, dass es im Leben durchaus Höheres und Wichtigeres gibt, als nur an Sex zu denken bzw. sein ganzes Leben zu stark oder fast ausschließlich von der menschlichen Sexualität her zu definieren! Dieses Signal setzen natürlich auch jene Paare, die zur Ehe miteinander berufen worden sind und diese dann sehr wohl in Treue zueinander und in Übereinstimmung mit der überlieferten katholischen Ehemoral leben. Auf diese Weise praktizieren sie ebenfalls die christliche Tugend der Keuschheit!
Noch deutlicher verweist aber auf die Übernatürlichkeit der menschlichen Bestimmung dann vor allem der römisch-katholische Priesterstand, der sich im Bewusstsein der Heiligkeit Gottes, dem er in erster Linie dienen soll und will, zu einem Lebenswandel entscheidet, der die Ehe und eigene Familie ausschließt, um sich dann umso ungehinderter seiner hehren Berufung zuwenden zu können, sowohl sich selbst zu heiligen und ganz Gott hinzugeben als auch die übernatürlichen Heilsgnaden des göttlichen Erlösers Jesus Christus im geheiligten priesterlichen Dienst den Menschen zu vermitteln! So gesehen ist es enorm wichtig, dass es bei der Verpflichtung der römisch-katholischen Priester zum Zölibat bleibt.

P. Eugen Rissling

 

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